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[hemmerling] Ein Konzept zur Vermittelung von Soft-Skills in den Ingenieurswissenschaften an Fachhochschulen, am Beispiel der FH Hannover

Essay vom 2007-12-31. Erstellt im Rahmen der Teilnahme am Soft-Skill Wettbewerb ”Schlüsselqualifikationen an deutschen Hochschulen” von MC "Dr. Meyer-Camberg Institut" gGmbH. Mein Vorschlag war einer von 94 Vorschlägen von 165 Studierenden aus 64 deutschen Hochschulen. Ich erhielt keine Auszeichnung.

Ein Konzept zur Vermittelung von Soft-Skills in den Ingenieurswissenschaften an Fachhochschulen, am Beispiel der FH Hannover

Gemäß Wikipedia umfasst der Begriff Soft-Skills „eine nicht genau definierte Reihe von menschlichen Eigenschaften, Fähigkeiten und Persönlichkeitszügen, die für das Ausüben eines Berufs auf (Mitarbeiter und) Kunden bezogen nötig oder förderlich sind“.

Eine namentliche Soft-Skill Ausbildung fand in den Ingenieurswissenschaften bis Ende der 1990er Jahre an deutschen Hochschulen zumeist nicht statt. In den letzten Jahren wurde an den meisten Hochschulen versucht, sie durch isolierte Seminare in den Vorlesungskanon einzubinden.

Ein Teil der Soft-Skills kann durch Schulung erlernt werden, ein anderer Teil kann durch Schulung beim Aspirant aktiviert werden. Selbst wenn in der gerade durch die Einfühung des Bachelor-Studiums zeitgedrängten Hochschulausbildung noch die Anwendung der Soft-Skills ansatzweise ermöglicht wird, so fehlt in der bisherigen Ausbildung die Reflexion der Inhalte, um ein Gleichgewicht bei der Anwendung der Soft Skills zu finden gemäß dem Grundsatz „so viel wie nötig, nicht so viel wie möglich“. Geschieht dies erst im Berufsleben, hat ein Aspirant häufig die qualvolle Erfahrung zu machen, daß sich das Gelernte und Erlernte nicht umsetzen läßt.

Die Vermittelung von Soft-Skills sollte dazu im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes als mehrstufiger, sich zyklisch wiederholender Prozess angesehen werden, bei dem einzelne Fähigkeiten punktuell gefördert bzw. erlernt werden, so daß erst in der Summe aller Prozesse sich die gewünschte Ausbildung ergibt

  1. Prozess-Schritt: Theoretische Wissenvermittelung anhand einfacher vorgegebener Beispiele (z.B. Durchführung einer Präsentation, eines Tutoriums )
  2. Prozess-Schritt: Anwendung einzelner Punkte des vermittelten Wissen in einer kleinen Aufgabe ( 10 - 20 Stunden, z.B. Präsentation eines Laborversuchs vor Mitstudenten, Beratung und Betreuung von anderen Studenten zu einem bestimmten begrenzten Thema als Tutor )
  3. Prozess-Schritt: Kritische Reflexion zunächst allein und dann in der Gruppe, ob und wie sich die Theorie in der Praxis hat anwenden lassen.
  4. Prozess-Schritt: Anwendung des gesamten vermittelten Wissen in einem größeren Projekt ( Semesterprojekt über ein ganzes Semester mit 4 - 8 Semesterwochenstunden, Praxissemester, längere Werksstudententätigkeiten )
  5. Prozess-Schritt: Kritische Reflexion zunächst allein und dann in der Gruppe, ob und wie sich die Theorie in der Praxis hat anwenden lassen.

Schlüsselfaktoren sind dabei

  1. Die zeitliche Nähe von Soft-Skill Lektionen und deren Anwendung in Projekten
  2. Eine fakultätsübergreifende Zusammenarbeit z.B. von Elektrotechnik-Studenten mit Maschinenbau-Studenten oder Elektrotechnik-Studenten mit Wirtschafts-Studenten, wie sie später im Berufsleben auch gefordert ist
  3. Die Reflexionen. Gemäß Wikipedia wird „Soziale Kompetenz“ in Unternehmungen häufig synonym mit den sogenannten „soft skills“ verwendet. Der Begriff der sozialen Kompetenz ist allerdings umfassender und umgreift z.B. auch Kritikfähigkeit. Die Kritikfähigkeit zu fördern tragen die beiden Reflexions-Schritte Rechnung.

Die ersten beiden Prozessstufen der Soft-Skill Ausbildung werden an der FH Hannover in den verschiedenen Fakultäten in diversen Vorlesungen durchlaufen.

Es gibt es zur Zeit mindestens drei verschiedene Möglichkeiten, als Student speziell auch die Stufen 4 und 5 des oben beschriebenen Prozesses zu erleben:

  1. Fakultätsübergreifende Projekte, die in den Vorlesungskanon eingebunden sind: In einem Projekt entwickelten Maschinenbau- und Elektrotechnikstudenten gemeinsam einen Elektromotor-Temperaturprüfstand in Kooperation mit einem Antriebshersteller. In einem anderen Projekt entwickelten Wirtschaftsinformatik-Studenten und Elektrotechnik-Studenten eine Software-Middleware-Anwendung für ein fiktives Leihwagenunternehmen.
  2. Das private, aber von der Hochschule unterstützte Projekt von Studenten der FH Hannover mit dem Ziel der Teilnahme am Rennwagenbau-Wettbewerb „Student Formula“ im Sommer 2009.
  3. Die fakultätsübergreifend angebotene Vorbereitung zur externen Prüfung „DGQ Qualitätsbeauftragter und interner Auditor“

Die kritische Reflexion wird dabei durch ein Feedback der beteiligten Professoren und durch Gruppenprozesse angeregt.

Besondere Kosten und Personalaufwand fallen bei den Umsetzung 1 und 3 regelmäßig nicht an, da die Veranstaltungen als Wahlpflichtkurse in das Vorlesungs-Konzept unserer Fachhochschule mit ihrem breiten Angebot an sogenannten Wahlpflichtkursen integriert wurde. Zumindest bei Hochschulen mit gleichem Kurskonzept, also Fachhochschulen, sollte eine aufwands- und kostengünstige oder gar aufwands- und kostenneutrale Adaption unseres Vorgehens möglich sein, ein gewisses Engagement der Dozenten vorausgesetzt.

Für die Teilnahme am „Student Formula“ Wettbewerb wurden öffentliche Fördermittel beantragt. Andere Hochschulen, die am Wettbewerb teilnehmen, setzen teilweise auf Sponsoren- und Spendenfinanzierung.

Es hat mich gefreut, Ihnen ein Konzept vorlegen zu können, was aus bereits praktzierten Prozessen an unserer Hochschule abgeleitet ist. Nichtsdestotrotz durchlaufen bislang nicht alle Studenten unserer Hochschule diese Prozesse, weil eben z.B. keine durchgängige Pflicht zur Teilnahme an fakultätsübergreifenden Projekten besteht. Sondern es liegt an der Eigeninitiative der Studenten, Schritte zum Erwerb von Soft-Skills selber aktiv zu tun. Daran kann man dann vielleicht auch den „guten“ Studenten von dem „durchschnittlichen“ Studenten unterscheiden. Bewusstsein kann man nicht durch einen Lehrplan erzwingen – er muss aus dem Inneren der Studenten kommen.

Rolf Hemmerling


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